Sätzeverkauf

Neben dem üblichen "Rharbarber-Gemurmel" auch einmal einen oder zwei artikulierte Sätze sprechen zu dürfen, ist seit jeher der unbezähmbare Wunsch aller Statisten und Komparsen. Wie es sich mit diesem Gefühl verhält, habe ich in der ARD-Serie "Rote Rosen" mehrmals am eigenen Leibe erfahren.

Meist stand ich irgendwo stumm herum oder saß gestikulierend am Tisch oder rannte/ging/schlich querbeet durchs Bild. Weil das Anforderungsprofil für mich keine Steigerung vorsah, beendete ich 2009 meine Komparsenlaufbahn und stieg aus. Meiner Erinnerung nach brachte ich es in etwa fünfzehn Folgen zusammen auf zwanzig gesprochene Worte. Aneinander gereiht ergäbe dies schon einen stattlichen Satz...

Auch viele Theaterstatisten gieren nach dem einen Satz, der sie für einen winzigen Augenblick in den Focus des Publikums rückt. Ähnlich bangen Nachwuchsschauspieler oft um Kürzungen ihre ohnehin kleinen Rollen. Verständlich! Wie sich erste Sporen verdienen, wenn die Regie auch noch kräftig Text zusammenstreicht?

Es gab mal Zeiten, in denen selbst große Schauspieler mit mäßigen Gagen zufrieden sein mussten - und in ihrer finanziellen "Not" das Geheimnis des Sätzeverkaufs entdeckten. Es funktionierte so, dass die geschäftstüchtigen Mimen den begabten Nachwuchs vor einer Aufführung in ihrer Garderobe aufsuchten und ihnen nicht ohne Geschick einzelne Solosätze verschacherten. So mancher Regisseur dürfte große Augen und Ohren bekommen haben, wenn statt des bekannten Namens plötzlich der hoffnungsvolle Nachwuchs oder gar ein Statist mit Inbrunst aber weit weniger Talent den Text intonierte.