BV Borussia Dortmund 09

Es war an einem Montag im August, als ich mich in Borussia Dortmund verliebte. Genauer gesagt, am Montag, den 26.August 1957. Da nämlich las ich im Sportteil der Braunlager Zeitung die Ergebnisse verschiedener Fußballstaffeln. 8 Jahre war ich damals alt - und wenn man so will, stellte das Entziffern von Ergebnissen und Tabellen meine ersten Leseerfahrungen dar. Ich las also vom Sieg des BVB gegen den 1.FC Köln. Die Faszination war für mich aber weniger dieser Sieg, immerhin 5:1, sondern der Name: bestehend aus den beiden Wörtern mit dieser besonderen Symmetrie von jeweils 8 Buchstaben. Ich buchstabierte und las laut vor mich hin: Borussia Dortmund! Es las sich für mich wie ein Wall - kräftig, mächtig, imposant, kolossal. Ich hatte natürlich keine Ahnung, dass „Borussia“ der neulateinische Name für Preußen war. Ich wusste noch nicht einmal, dass meine eben entstandene Liebe sich mit dem Deutschen Meistertitel schmückte. Erst später klärte mich mein Vater beiläufig darüber auf, was das in Klammern gesetzte „M“ hinter den Vereinsnamen zu bedeuten hatte. Von diesem Tage an rannte ich jeden Sonntag zu der Toto-Annahmestelle in der Herzog-Wilhelm-Str. 34. Die Älteren unter den Braunlägern werden sich an die Besitzer erinnern: Herr und Frau Stolp. Er klein, breit mit rundem Schädel und goldgefasster Brille, sie schlank, hochgewachsen, schwarzhaarig und für die damalige Zeit eine vornehme Dame mit sehenswerten weiblichen Attributen. Jedenfalls gab's gegen 19 Uhr immer die Ergebnisse von den Spielen der verschiedenen Oberligen (Bundesliga gab's erst 1963). Herr Stolp versah den Spielplan handschriftlich mit den Ergebnissen und Totozahlen und stellte ihn zur Ansicht ins Schaufenster. Mir war natürlich nur das Resultat vom BVB wichtig...

 Zurück zum 5:1. Sogar die Namen der Torschützen sind mir noch heute erinnerlich: 3x traf Freddy Kelbassa, je ein Tor schossen Alfred Niepieklo und Wolfgang Peters. Kelbassa - diesen wohlklingenden Namen verewigte ich viele Jahre später in einem meiner Hörspiele. Von diesem denkwürdigen Montag an war ich Borussen-Fan – und blieb es bis zum heutigen Tag. Selbst als Eintracht Braunschweig 1967 die Meisterschaft errang, nur 70 km von meinem Heimatort entfernt, bin ich keine einzige Minute der Versuchung erlegen, den Verein zu wechseln. Auch nicht in den 70er Jahren, als der BVB 09 eine Zeitlang in der 2.Liga herumdümpelte. Stoisch ertrug ich Spott und Häme, mit der mich meine Kumpels ob meiner Anhänglichkeit zu meinen Schwarzgelben überzogen hatten. Im Gegenteil, meine Vereinsliebe vertiefte sich, denn ich wusste: irgendwann würden sich die Erfolge wieder einstellen, wie einst 1956/1957 und 1963. Und siehe da: 1989 gewann die Borussia erstmals wieder einen Titel mit dem Pokalsieg gegen Werder Bremen. 1995 und 1996 errang der BVB die Deutsche Meisterschaft, und seiner ureigenen Analogie folgend im Jahr 2002 erneut. Jetzt schreiben wir das Jahr 2012, und überall sehe ich schwarzgelbe Banner flattern: wieder zweimal hintereinander Meister mit der Krönung des Pokalsiegs am Samstag. Souverän wie nie zuvor. „Mein“ BVB ist zum beliebtesten Verein in Deutschland avanciert, die BVB-Fans wurden zu den treuesten Anhängern gekürt, und eigentlich hat man es schon immer gewusst, was für ein „geiler“ Verein der BVB ist! Allerdings der Wermutstropfen: geht’s nach dem Gesetz der Serie, müssen wir uns mit dem nächsten Meistertitel noch bis 2018 gedulden. Doch jede Serie reißt irgendwann. Und die Sterne stehen günstig...