LESEPROBE:

ALLES UNTER EINEM DACH

Personen:

Friedel

eine rundliche verwitwete Endsechzigerin, lebt mit ihrem Wellensittich im 1.Stock eines Mietshauses. Bequem und hypochondrisch veranlagt, verlässt sie nur ungern ihren Sessel und versteht es von jeher bestens, der Arbeit aus dem Weg zu gehen und sie von anderen erledigen zu lassen. Mit ihrer direkten und unverblümten Art wirkt sie auf den ersten Blick schroff, jedoch nicht unsympathisch. Mangels sonstiger Lebensleistungen ist ihr einziger Stolz ihr Sohn Freddy, ebenso auf ihre stets geübte Fähigkeit, die Termine der für sie wichtigen und prägenden  Ereignisse ständig im Kopf zu haben.

Marga

geschieden, lebt allein in ihrer Wohnung auf derselben Etage wie Friedel. Sie achtet sehr auf ihr Äußeres, ist schlank und gut gekleidet. Sie streicht gern ihre vermeintliche geistige Überlegenheit heraus, indem sie spitzzüngig die Schwächen ihrer Jugendfreundin aufs Korn nimmt. Ihre leichte Selbstüberschätzung wird offenbar, als sie, ausgelöst durch unerwartete Eingriffe ins ansonsten geordnete Leben, ihre Betroffenheit und Anspannung in konfusen Plänen und Handlungen zeigt. 

Heike

von Beruf Friseurin, ist als Mittdreißigerin die jüngste Hausbewohnerin in diesem ungleichen Trio. Mit durchaus ansprechendem Äußeren verkörpert sie den Inbegriff eines etwas naiven, gutmütigen und hilfsbereiten „späten Mädchens“. Sie steht für Friedel als dienstbarer Geist zur Verfügung, zeigt aber im Verlauf des Stücks auch andere Qualitäten und erreicht letztlich damit ihr Ziel.

Freddy

Friedels Sohn, Mitte Dreißig, wohnt zwar in einer eigenen Wohnung, hat sich aber von seiner Mutter noch nicht völlig emanzipiert. Der etwas bieder wirkende Angestellte eines Supermarktes weiß um den Stolz seiner Mutter auf ihn und versucht ihm gerecht zu werden, zumal er  mit einer „Studierten“ verlobt ist. Im Laufe der Ereignisse um den Wohnungsverkauf zeigt er sich zunehmend souverän und handlungsfreudig.

Klausi

ein korrekt gekleideter Mann Mitte Vierzig, arbeitet als Immobilienmakler im Auftrag der Wohnbaugesellschaft, bei der die drei Damen ihre Wohnungen gemietet haben. Gemäß seinem äußeren Erscheinungsbild stellt er sich professionell der unangenehmen Situation, mit den aufgebrachten Damen zu verhandeln. Als er in eine prekäre Lage gerät, wirkt er zunächst irritiert, hat aber die Sache schnell wieder im Griff in einer Weise, die allgemein den Klischeevorstellungen seines Berufsstands nicht unbedingt entsprechen.

LIEBE LESERIN, LIEBER LESER!

Sie befinden sich mitten im 1.Akt. Ort des Geschehens: Friedels Wohnzimmer.
Heike hat für den Kaffeeklatsch bereits den Tisch gedeckt, nachdem sie Friedel vorher frisiert hatte. Nun warten die Beiden auf Marga, die mal wieder zu spät kommt. Doch in diesem Moment läutet es "sturm" an der Wohnungstür.

(Aus dem Off)

MARGA:

Ich dachte, ihr sitzt auf euren Ohren... 

HEIKE:

Wie oft hast du denn geklingelt?

MARGA:

Lange genug! - Ist sie drin?

HEIKE:

Na klar! Geh mal rein, ich kümmere mich um den Kaffee.

(Marga stürmt ins Wohnzimmer, steuert auf Friedel zu. In der einen Hand hat sie einen Lilienstrauß, in der anderen Briefumschläge)

MARGA:

Grüß dich, Friedel, meine Liebe. Alles Gute zum...äh...ach ja, was feiern wir denn heute eigentlich?? Verlobungs- oder Hochzeitstag?

FRIEDEL:

Also, Marga, ich bitte dich….

MARGA:

Geburtstag oder Walters Todestag waren’s ja nicht, oder?

FRIEDEL:

Heute ist der 15.September. Walter und ich sind vor 35 Jahren hier in die Wohnung eingezogen. Das feiern wir doch jedes Jahr.

MARGA:

Entschuldige, aber bei deinen vielen Terminen komme ich leicht durcheinander, nicht wahr. Ja, dann, herzlichen Glückwunsch, liebe Friedel! Wo steht Walter?

FRIEDEL:

Na, drüben auf der Anrichte. Auf seinem Platz, wie immer.

MARGA:

(geht zu Walters Bild)

Ja, lieber Walter, auch dir, nicht wahr.... Wohin mit den Blumen, Friedel?

FRIEDEL:

(rufend)

Heike, bringste mal ne Vase mit?

(Heike kommt mit der Kaffeekanne herein, stellt sie auf dem Tisch ab. Marga drückt ihr die Lilien in die Hand)

HEIKE:

(wiegt die Lilien im Arm)

Oh, die schönen Lilien...

MARGA:

Die passen ja seit Walters Tod zu jedem Anlass, nicht wahr?

FRIEDEL:

Was ist???

HEIKE:

Oh, nichts. Ich sagte gerade nur zu Marga: die schönen Blumen!

FRIEDEL:

Schön, na ja, die machen schon einen leicht angeschlagenen Eindruck. Also im Blumenladen von meinen Eltern - ich habe ja lange genug mitgearbeitet...

MARGA:

Du...??

FRIEDEL:

Freilich ich! Da frag meine Kunden von damals!

MARGA:

Na, die meisten davon werden inzwischen tot sein.

FRIEDEL:

Wie Freddy geboren wurde, da hatte ich natürlich anderes zu tun, da konnte ich nicht mehr im Laden stehen. Aber unsere Ware war immer frisch. Da sorgte schon mein Vater für. - Heike, ich zeig dir mal bei Gelegenheit, wie man Schnittblumen richtig anschneidet. Die von Marga stell gleich mal in die Vase...

MARGA:

Die Vase muss aber groß genug sein.

FRIEDEL:

Äh..ähem.. Heike, du, draußen.. in der Abstellkammer, unten, oder daneben, da muss eine große Vase stehen. – Die ist noch aus unserem Laden...

HEIKE:

In der Abstellkammer? Na, ich gucke mal... (geht ab)

FRIEDEL:

(ruft)

Die aus Glas... oder, Heike! Nimm die grüne... Steht die da? Siehst ’se?

HEIKE:

(kommt mit einer schwarzen Vase herein)

Die?

MARGA:

(läuft ruhelos im Zimmer hin und her)

Passt farblich bestens! Na bitte! Gut, dass wir eine Fachkraft unter uns haben.

FRIEDEL:

(zustimmend)

Mmhh!! Die kannste auch nehmen.

MARGA:

Kinder, ich wollt euch doch irgendwas sagen… Was war das noch?

FRIEDEL:

Also, Marga, nun setz dich erstmal auf deine vier Buchstaben. Du nimmst uns die ganze Ruhe.

MARGA:

Wie...? Wo soll ich mich denn hinsetzen?

FRIEDEL:

Du tust ja so, als ob du zum ersten Mal bei mir zum Kaffee bist. Na, wo deine Tasse steht!

MARGA:

Das kann doch auch die Tasse von Heike sein. Für wen ist eigentlich das vierte Gedeck?

HEIKE:

Für Freddy natürlich.

MARGA:

Ach, der kommt auch...

FRIEDEL:

Na weißte, Marga, wieso sollte Freddy nicht kommen zu so einem Anlass?

MARGA:

Ist das deine Tasse, Heike?

HEIKE:

Wenn ich mich aufs Sofa setze, schon! (Marga setzt sich, während Heike ihr den Kaffee einschenkt)

MARGA:

(springt auf, rennt einmal quer durchs Wohnzimmer)

Ich wollt euch doch irgendwas sagen.... (fuchtelt mit den Briefen in ihrer Hand herum, benutzt sie als Fächer)

FRIEDEL:

Marga, setz dich. – Mir kannste das große Stück geben, Heike... (Marga starrt auf den Tisch, schaut zweifelnd Friedel an) Ich habe den ganzen Tag noch nichts gegessen, Marga...

MARGA:

Was ist das überhaupt für eine Torte?

HEIKE:

Schokoladentorte einfache Art! Ein Pfund gute Butter, 250 Gramm Zucker, 8 Eier, 300 Gramm flüssige Sahne, 1 Päckchen Schokoladenpudding – mehr ist nicht drin!

MARGA:

Heike!! Dieses Monstrum ist aber kein Rezept aus meinem Vollkornbackbuch!

HEIKE:

Ja, sieht so aus, als hätte ich mich ein wenig in den Seiten vergriffen.

FRIEDEL:

Oder du hast alles genommen, was du eigentlich hättest weglassen sollen.

(Beide lachen)

MARGA:

Ich weiß wirklich nicht, wieso ich dir das Vollkornbackbuch unbedingt ausleihen sollte, Heike. Ich meine, ihr wolltet abnehmen. Ich für mein Teil, nicht wahr... (stößt leicht gegen die Anrichte mit dem Bild)

FRIEDEL:

M a r g a! Setz dich! Mit deinem Gehoppel machste Walter ganz nervös.

MARGA:

(setzt sich, legt die Briefe achtlos neben sich, Heike nimmt einen Teller zur Hand)

Aber nur ein klitzekleines Stück, Heike, wenn überhaupt.

FRIEDEL:

(isst genüsslich)

Schmeckt sehr gut, Heike.

(Marga stochert im Kuchen, probiert einen Happen, schaut leicht angewidert auf Friedel und Heike, die mit großem Appetit essen)

MARGA:

Ach, jetzt weiß ich endlich wieder, was ich euch sagen wollte: was glaubt ihr, wen ich im Hausflur getroffen habe?  Plötzlich stand er vor mir! Und wie der mich angegafft hat – so richtig lüstern!

HEIKE:

Wer denn? Nun sag schon!

MARGA:

Rudi Grabowski!

HEIKE:

Grabowski? Ist der wieder auf Brautschau? Wo der die Weibsen immer nur herholt? Ich bin ja sonst nicht neugierig, aber wenn’s bei dem klingelt, schau ich schon mal durch meinen Türspion.

MARGA:

Ich vermute mal, der wird Kontaktanzeigen aufgeben. So schön ist er ja nicht, unser Herr Hausmeister, dass ihm die Weiber freiwillig nachlaufen.

HEIKE:

Außerdem ist der doch schon steinalt.

FRIEDEL:

Steinalt? Der ist doch nicht steinalt, der muss in meinem Alter sein. Warte mal, als er seinen Sechzigsten feierte, da lebte seine Frau noch. Das ist gar nicht so lange her. Vielleicht 4, 5 Jahre.

MARGA:

Dass du dir solche Nebensächlichkeiten alle merken kannst, Friedel.

FRIEDEL:

Was glaubste denn, Marga, wie die Leute immer staunen, was ich so alles im Kopf habe!

 

HEIKE: lacht

Ich weiß nur, wie der Freddy so herrlich einen in der Krone hatte bei der letzt jährigen Feier. Ach, war das lustig.

FRIEDEL:

Übrigens, mit dem Grabowski habe ich schon einiges mitgemacht, das kann ich euch sagen. Solange seine Frau noch lebte, war ja alles in Ordnung. Das war eine tüchtige Frau, das Treppenhaus hatte sie pikobello in Schuss. Aber nach ihrem Tod hat er das Saufen angefangen. Und wenn er jetzt seine Weiber zu Besuch hat, geht’s da oben dermaßen laut zu, dass ich nicht einmal mehr den Fernsehton verstehe. Ich habe ihm das auch mal gesagt, aber er glaubt wohl, als Hausmeister könne er sich alle Rechte herausnehmen.

MARGA:

Manche Frauen sind sich eben für nichts zu schade! Den könntest du mir vor den Bauch binden...

HEIKE:

Na, Marga, da brauchste wohl keine Angst zu haben.

MARGA:

Was willst du denn damit sagen, Heike? Glaubst du etwa, ich lasse mich mit so einem Kerl ein? Iiiiih, allein, wenn ich an seine Alkoholfahne denke.

HEIKE:

So war das auch nicht gemeint, Marga.

FRIEDEL:

Und wie der sich aufspielt hier im Haus! Als ob es ihm gehörte und nicht der Wohnbaugesellschaft! Der sollte mal lieber darauf achten, dass er das Treppenhaus so akkurat putzt, wie es seine Frau getan hat. Dafür zahlen wir doch schließlich die hohen Nebenkosten.

MARGA:

Abgesehen davon, dass dieser Grabowski nichts zu bieten hat außer seinem Alter. Der  erfüllt nicht ein einziges Kriterium, das ich bei einem Mann anlegen würde, wenn ich mich jemals wieder binden sollte, nicht wahr.

HEIKE:

Wie müsste denn dein Traummann beschaffen sein, Marga?

MARGA:

Zuallererst müsste die wirtschaftliche Situation des Betreffenden stimmen, also Beruf, Einkommen und Vermögen. Darauf lege ich den allergrößten Wert, sage mal zu 50 Prozent. 30 Prozent würde ich vergeben für Charakter, Fleiß, Großzügigkeit, und 20 Prozent für sein Aussehen und mein Gefühl für ihn. Obwohl, Gefühl lernt sich, wenn alles andere stimmt.

HEIKE:

Hört sich ja an wie eine Tauglichkeitsprüfung von der Stiftung Warentest.

FRIEDEL:

Deswegen hat ihr Mann sie ja auch sitzen lassen.

MARGA:

Macht euch man lustig über mich. Aber ich stehe dazu! Und du hast es grade nötig, Heike, hast ja nicht mal einen Freund, obwohl du ja vermutlich jeden nehmen würdest.

HEIKE:

Das finde ich jetzt aber gemein von dir, Marga. Immerhin war ich mit meinem Freund Olli sechs Jahre zusammen.

MARGA:

Und sechs Jahre ist das bestimmt auch schon wieder her. Du solltest mal einen Tanzkurs belegen, da lernste vielleicht einen seriösen Herrn kennen.

HEIKE:

Keine schlechte Idee. Aber vielleicht habe ich den Richtigen schon getroffen... wer weiß...?

FRIEDEL:

Ach ja, tanzen, Kinder, also getanzt habe ich seit Walters Tod nicht mehr. Mit wem auch? Du Marga, ich erzählte vorhin Heike von unseren Tanzabenden in der Bergklause. Das Lokal kennste doch noch, Marga, oder?

MARGA:

Wir waren ja oft genug zusammen da.

HEIKE:

Friedel, du hast doch von Freddy diese schöne CD mit den Evergreens geschenkt bekommen...

´

FRIEDEL:

Nein, die habe ich von Tina bekommen. Letztes Jahr zum Hochzeitstag.

HEIKE:

Ich leg sie trotzdem mal auf! (geht zur Musikanlage)

FRIEDEL:

Die muss noch im Apparat sein, die höre ich mir nämlich öfters an. Ach ja...

(Musik erklingt, Gerhard Wendland „Tanze mit mir in den Morgen“. Friedel und Marga singen erfreut mit)

MARGA:

Na, Friedel, ob wir’s noch schaffen mit einem Tänzchen? (geht auf sie zu, singend) „Darf ich bitten zum Tango um Mitternacht...“

FRIEDEL:

Ja glaubste denn, Marga, ich hab’s Tanzen verlernt? (wuchtet sich schwungvoll aus dem Sessel) Aber du führst, Marga. Das bin ich von Walter so gewohnt...

(Die beiden tanzen und singen den Text mit. Heike schaut amüsiert zu)

FRIEDEL:

Du machst falsche Schritte, Marga, ich kann dir kaum folgen.

MARGA:

Falsche Schritte?

FRIEDEL:

Na, du führst doch…..

MARGA:

Ich gebe mir größte Mühe. Hab auch länger nicht mehr getanzt. Weder als Frau noch als Mann.

HEIKE:

Pass bloß auf dein Knie auf, Friedel...

FRIEDEL:

(schon mächtig außer Atem, hört augenblicklich auf)

Oh ja! Gut, dass du’s sagst. (fasst sich wehleidig ans Knie) Mit meinem Walter war’s weniger anstrengend. (schleppt sich zum Sessel zurück)

(Heike stellt die Musikanlage ab.)

MARGA:

Du bist nur nichts Gutes mehr gewöhnt, Friedel, weil du den ganzen Tag in deinem Sessel sitzt. Das hat mit Walter nichts zu tun.

FRIEDEL:

Aber mit meinem kaputten Knie.

MARGA:

Stell dich bloß nicht so an mit deinem Knie. Bis Heike dran erinnert hat, ging’s doch ganz gut, nicht wahr.

FRIEDEL:

Anstellen? Ich stell mich schon nicht an, meine liebe Marga. Aber mein Vater hatte es auch so schlimm am Knie – und 21 Jahre später war er tot!

MARGA:

Dann war ja dein Vater der erste, der an einem kaputten Knie gestorben ist.

FRIEDEL:

Daran nicht. Aber damit ging’s los. Was weißt du schon? Dummes Gequatsche immer. Jetzt aber Ruhe, will nichts mehr davon hören. - Schenkst du mir bitte noch mal Kaffee ein, Heike?

(Heike schenkt Friedel Kaffee nach)

HEIKE:

Möchte jemand noch ein Stück Torte? (tut sich selbst ein zweites Stück auf, guckt die beiden Freundinnen vielsagend an, die jedoch nicht reagieren) Was hat er eigentlich von dir gewollt, Marga?

MARGA:

Wer?

HEIKE:

Na, Grabowski!

MARGA:

Grabowski? Ja, was eigentlich...? Ja, klar, jetzt fällt’s mir wieder ein: er hat mir Briefe gegeben.

HEIKE:

Briefe? Was für Briefe?

MARGA:

Wo habe ich sie denn? Ach, hier... (verteilt die Briefe) Einen für dich, Friedel, einen für dich, Heike, und einen für mich.

HEIKE:

Was soll das denn? Wieso schreibt der Grabowski uns Briefe?

MARGA:

Vielleicht will er uns darin mitteilen, welche Schweinereien er mit uns vorhat.

HEIKE:

Den Brief mache ich erst gar nicht auf.

FRIEDEL:

Warum gibt Grabowski meinen Brief dir und nicht mir?

MARGA:

Warum? Warum? Ich habe ihm gesagt, er könne mir die Briefe ruhig mitgeben, da ich euch eh gleich treffen werde. Wir sprachen noch über deinen Hochzeitstag, und wie sehr er sich darüber wunderte, dass du ihn feierst, Friedel, obwohl dein Walter schon kaputt ist äh verblichen auf dem Friedhof liegt.

FRIEDEL:

Was geht das Grabowski an, ob ich meinen Hochzeitstag feiere oder nicht. Und außerdem feiere ich nicht Hochzeitstag, sondern Wohnjubiläum!

MARGA.

Du brauchst dich gar nicht künstlich aufzuregen, meine liebe Friedel, er hat sich nur gewundert, mehr nicht.

FRIEDEL:

Und sein Geschmiere guck ich mir genauso wenig an wie Heike.

MARGA.

Glaubste etwa, ich bin neugierig, was dieses Ferkel mir schreibt. Wenn der meint, ich nehme an seinen Orgien teil...

(Pause. Die drei schauen jeweils auf ihren Brief. Heike nimmt sich ein weiteres Tortenstück)

HEIKE:

Möchtest du auch ein zweites Stück, Friedel? – (gibt ihr ein Stück, ohne eine Antwort abzuwarten) Interessiert es dich wirklich nicht, Marga, wie...?

MARGA:

Mir wird ganz übel, wenn ich nur dran denke…

HEIKE:

Ich meine nicht die Torte, Marga,

MARGA:

Wenn du unbedingt wissen willst was der Grabowski geschrieben hat, dann mach doch deinen auf.

FRIEDEL:

Vielleicht ist der Brief von der Wohnbaugesellschaft mit der Nebenkostenabrechnung und Grabowski hat nur den Auftrag, sie im Hause zu verteilen.

MARGA/HEIKE:

Meinst du...???

FRIEDEL:

Die von der Wohnbau sparen doch neuerdings, wo sie nur können.

MARGA:

Aber dann hätte Grabowski doch was sagen können.

(Heike schaut sich ihren Brief an, dreht ihn um)

HEIKE:

Tatsächlich, Friedel hat Recht. Mein Brief ist von der Wohnbaugesellschaft.

MARGA:

Meiner auch. Na, dann gibt es ja keinen Grund, ihn nicht aufzumachen! – (liest, schreit entsetzt auf) Friedel! Heike! Stellt euch vor, was die mir schreiben: Meine Wohnung soll verkauft werden! Stellt euch das vor!! Meine Wohnung wird verkauft!

FRIEDEL:

Deine Wohnung, Marga? – Die können doch nicht so einfach...

MARGA:

Aber es steht hier... schwarz auf weiß!

FRIEDEL:

Heike, biste mal so lieb und gibst mir meine Brille von der Anrichte?

HEIKE:

(im Aufstehen, etwas bedrückt wirkend)

Ich finde das ganz schlimm, dass Margas Wohnung verkauft werden soll. Wo soll sie denn bleiben?? – (nimmt Brille an sich) Meinste diese, Friedel? (reicht sie ihr)

FRIEDEL:

Ja, danke dir, Heike. (nimmt Brief zur Hand) Ich krieg meinen nicht auf..

(Heike nimmt wortlos und mehr nebenbei ihr den Brief aus der Hand)

FRIEDEL:

(um Nachsicht bemüht)

Meine Fingernägel sind zu kurz...

(Heike reißt den Brief auf und reicht ihn ihr zurück)

FRIEDEL:

(schreit auf)

Heike, Marga, weißte, was hier steht: „…tragen wir uns mit der Absicht, unseren Wohnungsbestand aufzulösen und Ihre Wohnung im Zuge dieser Maßnahme zu veräußern...“

MARGA:

Wie bei mir! Los Heike, mach mal deinen auf.

HEIKE:

(reißt den Brief auf)

Ich trau mich gar nicht, ihn zu lesen. Lies du, Marga! Bitte...

FRIEDEL:

Was heißt denn das? Wollen die meine Wohnung verkaufen, obwohl ich noch drin wohne?

MARGA:

(liest)

Die Briefe haben alle den gleichen Inhalt.

HEIKE:

Oh Gott, wo sollen wir denn hin? Was machen wir denn jetzt?

FRIEDEL:

Die spinnen doch. Aber warte du. Den Geschäftsführer, diesen Heinrichs, den kenne ich noch aus der Zeit, als Walter im Beirat saß und hier im Haus Vizewirt war. Na, den rufe ich gleich mal an. Dem werde ich was erzählen. Wenn der glaubt, er kann mir meine Wohnung unterm Hintern weg verkaufen. (erhebt sich schwerfällig aus ihrem Sessel, geht zum Telefon)

MARGA:

Ja, Friedel, das ist eine gute Idee! Heiz dem mal ordentlich ein. (geht mit Friedel zum Telefon) Hast du die Nummer? Ach ja, die steht sicher im Brief. – Warte! Ja, hier... also, 040-39837....

FRIEDEL:

Nicht so schnell... wie war das...Null?

(Es klingelt an der Wohnungstür)

HEIKE:

Ich geh schon, Friedel. (geht ab)

FRIEDEL:

Na, das wird Freddy sein. Der wird staunen... Wie war das: Null?

MARGA:

...Vier...Null....Drei...

FRIEDEL:

Null … was kam dann... Vier?

(Heike kommt mit Freddy zurück)

HEIKE:

Ich halte dir die Tür auf, Freddy!

FREDDY:

(kommt mit einem Riesenkarton an, stöhnt etwas übertrieben, um Eindruck zu schinden)

Tag allerseits!

FRIEDEL:

(ohne aufzublicken)

Haste deinen Schlüssel vergessen, Freddy?

FREDDY:

Nein, komme nur im Moment so schwer dran!

FRIEDEL:

Wie war das jetzt mit der Nummer, Marga? Zuletzt vier?

MARGA:

Ja, vier.. und dann null und dann drei..

HEIKE:

Stell den Karton auf den Stuhl, Freddy... (schiebt ihm einen Stuhl zu)

FRIEDEL:

Was denn nun: die Vier oder die Drei?

MARGA:

Erst die vier, dann die drei...

FREDDY:

Guten Tag, miteinander.  (da keine Reaktion kommt, schaut er zu Heike und zuckt die Schultern)

MARGA:

Genau! Und jetzt acht, neun, vier, eins...jawohl!!

HEIKE:

Deine Mutter ruft die Wohnbaugesellschaft an...

FREDDY:

Soo? Wieso das?

HEIKE::

Erzähl ich dir gleich. (schaut in den Karton) Alles aussortierte Ware?

FREDDY:

Klar! Abgelaufen, angestoßen, aufgerissen, guck dir mal den Zucker an.... (reißt die Zuckertüte hoch und streuselt herum, lacht) Aber schwer ist der Kram, sage ich dir, allein die Treppe hier rauf...

(Heike schlingt sanft die Arme um Freddys Hals, haucht ihm einen Kuss auf die Wange, als Friedel sich kurz umdreht, stößt Freddys Heike abrupt von sich, worauf diese leicht empört reagiert)

FRIEDEL:

Klingelt.... (ermahnend an Heike und Freddy) Seid doch mal still....

Heike

(schaut scheinbar interessiert in den Warenkarton und wühlt darin herum, während FREDDY, wenn Friedel und Marga nicht gucken, sie immer wieder liebkost und anfasst)

FREDDY:

(zupft Heike an der Kleidung, mehr flüsternd)

Hast wieder deine Dienstkleidung an?

HEIKE:

Ich habe deine Mutter frisiert... dafür brezele ich mich nicht extra auf!

FREDDY:

Aber mir zuliebe könntest du mal was Reizvolles anziehen.

HEIKE:

Und was würde deine Mutter dazu sagen?

FRIEDEL:

Ja, Fräulein, hier ist Friedel Nüsse... Ist denn der Herr Heinrichs da, den will ich mal sprechen. – Nicht da? Aha! Wo isser denn? – Aha...so...aha...mhmm...im Urlaub. Läuft wohl weg. Na, hat auch allen Grund zu... Wann issern wieder da? ---

HEIKE:

(hält Packung Fromms hoch)

Präservative? Für deine Mutter??? Noch dazu mit abgelaufenem Verfallsdatum?

FREDDY:

Meine Mutter wird schon aufpassen – hoffe ich! Und so fruchtbar wie ein Karnickel wird sie eh nicht mehr sein.

HEIKE:

Du spinnst doch, Freddy! (steckt die Packung ein)

FRIEDEL:

Nee, nee, Fräulein, es geht um seinen Brief, diese Kündigung da... er soll ... nein Fräulein, wissen Sie eigentlich, wie lange ich hier wohne? Da kann man doch nicht einfach schreiben, ich muss raus.

MARGA:

Nicht nur du. Wir alle sollen...

FRIEDEL:

Was heißt denn das: nicht so schlimm werden. Wo macht denn der Heinrichs Urlaub? – Ach, das wissen Sie nicht...

MARGA:

Frag doch mal, wann er wieder da ist?

FRIEDEL:

Ach, dass wissen Sie auch nicht?

MARGA:

Was weiß die eigentlich?

FRIEDEL:

In drei Wochen vermutlich, so so...

MARGA:

Was?? Erst in drei Wochen?

FRIEDEL:

Nun hören Sie mir mal gut zu, Fräulein.  Der Heinrichs soll mich sofort anrufen, sobald er zurück ist. - Was denn, meine Nummer, die hat er doch... Woher, woher? Mein Mann war Vizewirt, den kennt er noch vom Beirat, wie mein Mann noch lebte... Meine Nummer habe ich jetzt außerdem nicht im Kopf.  – Ich verlass mich drauf… Ja, auf Wiederhören!

(Friedel legt Hörer auf, Heike und Freddy gehen auf Abstand zueinander)

MARGA:

Na, der hast es aber gegeben. Mal sehen, ob er den Mut hat, hier anzurufen, der feine Herr Heinrichs!

FREDDY:

Mutter! Zu deinem Wohnjubiläumstag tust du Recht, tüchtig zu feiern. Gratuliere! (geht auf sie zu und umarmt sie)

FRIEDEL:

(weinerlich)

Ach, Junge, gut, dass du da bist. Eine Aufregung heute wieder. Denk dir, die wollen uns aus unseren Wohnungen schmeißen. (schleppt sich stöhnend zu ihrem Sessel und lässt sich erschöpft hineinplumpsen)

FREDDY:

Wer will euch wo rausschmeißen.

MARGA:

Na, die Wohnbaugesellschaft will die Wohnungen verkaufen.

HEIKE:

Wir haben alle diesen Brief gekriegt... (reicht Freddy ihren Brief)

FRIEDEL:

Zum ersten Mal bin ich froh, dass Vati nicht mehr lebt! Das hätte ihn glatt umgebracht...

MARGA:

Da schmeißen die brave Mieter so mir nichts, dir nichts auf die Straße – nie Mietschulden gehabt. Und was mache ich nun mit meinen neuen Vorhängen im Schlafzimmer?

HEIKE:

Ach, Freddy, möchtest du auch ein Stückchen Torte? Schokoladentorte!

FREDDY:

Nun mal langsam. Dieser Brief ist keine Kündigung des Mietverhältnisses, hier steht nur, dass die Wohnbaugesellschaft ihren Wohnungsbestand auflöst....

HEIKE:

Deine Lieblingstorte!

MARGA:

Und unsere Wohnungen an fremde Leute geben will, nicht wahr.

FREDDY:

Ach was, Blödsinn! Die Wohnungen sollen verkauft werden…

FRIEDEL:

Na, dann hat Marga doch Recht.

HEIKE:

Magst du auch eine Tasse Kaffee, Freddy?

FREDDY:

Hier steht auch, dass ihr als Mieter ein Vorkaufsrecht besitzt. Also, ihr könnt, wenn ihr wollt, eure Wohnungen kaufen.

FRIEDEL:

Na hör mal, Freddy. Du hast gut reden. Von welchem Geld soll ich denn diese Wohnung kaufen?

FREDDY:

Du musst sie ja nicht kaufen. Sie wird dir lediglich angeboten. Ein gewisser Klaus Klausnitz wird dich dazu in den nächsten Tagen aufsuchen und dir ein Angebot unterbreiten.

FRIEDEL:

Ja, aber, ja äh, von meiner kleinen Rente. Du weißt doch selber am besten...

FREDDY:

Nun warte doch erstmal ab, was der Mann dir zu sagen hat, Mutter.

MARGA:

Kommt der auch zu mir?

FREDDY:

Er wird euch alle aufsuchen. Klar!

FRIEDEL:

Eine Schweinerei ist das. Wenn ich wirklich hier raus muss, wo soll ich mit meinen Möbeln bleiben? Ich finde doch keine Wohnung für die Einbauküche zum Beispiel. Walter, also dein Vater, hat die Möbel doch extra für diese Wohnung gekauft. Außerdem hat er gesagt, dass ich hier eh nie mehr auszuziehen bräuchte. Und jetzt so was....

MARGA:

Ich kann mir einen Umzug genauso wenig leisten.

´

HEIKE:

Was soll ich erst sagen.

MARGA:

Du bist ja noch jung, Heike. In jungen Jahren verdaut man Schicksalsschläge noch einfacher.

FREDDY:

Keiner muss hier ausziehen, Herrgott noch mal. Das Schlimmste, was passieren kann, ist, dass der Vermieter wechselt. Dann zahlt ihr die Miete halt auf ein anderes Konto.

FRIEDEL:

Was kosten unsere Wohnungen überhaupt, wenn wir sie kaufen würden? Die werden doch schweineteuer sein.

FREDDY:

Keine Ahnung. Darüber steht hier nichts. Das wird euch der Herr Klausnitz im persönlichen Gespräch sicher sagen.

FRIEDEL:

Na, meine wird ja bestimmt teuerer sein wie deine, Marga.

FREDDY:

Wie kommst’ en da drauf? Eure Wohnungen sind doch alle gleich groß.

HEIKE:

Stimmt! Wir haben alle zwei Zimmer, Küche und Bad in derselben Größe. Nur meine sind anders angeordnet.

FREDDY:

Logisch! Meine Mutter wohnt links, Marga und du auf der rechten Hausseite.

FRIEDEL:

Und außerdem wohn ich länger im Hause.

FREDDY:

Das hat doch mit der Beschaffenheit der Wohnungen nichts zu tun, Mutter.

FRIEDEL:

Na, allein meine Möbel. Die wertvolle Anrichte, die hat damals schon ein kleines Vermögen gekostet! Von der Einbauküche mal ganz abgesehen.

MARGA:

Das kannst du so nicht sehen, Friedel. Mein mahagonifarbenes Schlafzimmer hat mehr gekostet als deine gesamte Einrichtung, nicht wahr…

FRIEDEL:

Eine solche Farbe möchte ich gar nicht im Schlafzimmer haben. Viel zu duster – puh, würde ich mich ja ständig gruseln in der Nacht.

MARGA:

Also, das ist doch die Höhe: zu duster! Wann hast du denn mein Schlafzimmer je gesehen?

FRIEDEL:

Ja, wann...? Na, damals, wie du es gekriegt hast. Hast mich doch extra zu dir geholt, damit ich es mir ansehen sollte.

MARGA:

Na, hör mal, das liegt 10 Jahre zurück. Aber mit den schönen neuen Vorhängen hast du es noch nicht gesehen. (weinerlich) Dabei hätte ich mich gefreut, wenn du dir es mal angeschaut hättest.

FRIEDEL:

(etwas verlegen)

Ja, Marga, hätte ich auch gern. Aber du weißt ja selbst, diese Scheiße immer mit meinem Knie... Schon das Treppensteigen fällt mir schwer.

MARGA:

Ich wohne gegenüber, Friedel!

FREDDY:

Vorschlag zur Güte, Mutter. Du gehst jetzt mit zu Marga und schaust dir die Vorhänge in Margas Schlafzimmer an, damit Ruhe ist.

FRIEDEL:

Naja... bin ja angezogen. Das ist nämlich auch so’n Punkt: man muss sich immer anklatern, wenn man Besuche macht.

MARGA:

Na, manchen Menschen wird ja jeder Schritt zuviel, nicht wahr!

HEIKE:

Marga...Friedel! Ihr solltet Freddys Vorschlag befolgen. Und zwar gleich!

(Pause - Friedel und Marga schauen sich etwas betroffen an, dann quält sich Friedel umständlich und stöhnend aus ihrem Sessel hoch)

FRIEDEL:

Oh...oh...oh.. mein Knie. Heike, kannste mal, bin so unsicher...

MARGA:

Wieso Heike? Ich kann dir doch auch helfen. Schließlich gehen wir zu mir...

FRIEDEL:

(eingehakt bei Marga)

Mann o Mann, so’n Mist aber auch mit dem verdammten Knie... (im Hinausgehen) Ich wäre gern öfters zu dir gekommen, Marga, kannst mir wirklich glauben, aber du siehst ja selber...

(Aus dem Off)

MARGA:

Ja, ja, Friedel, du hast es schon schwer...

FREDDY:

(nimmt Heike in den Arm)

Endlich allein!

HEIKE:

(wehrt Freddy ab)

Du hast ja deiner Mutter noch immer nichts von uns erzählt, Freddy

FREDDY:

Es hat sich noch keine Gelegenheit ergeben – ich bin doch eben erst gekommen!

HEIKE:

Ach erzähl doch nichts, Freddy! Sie weiß ja noch nicht mal von deiner Entlobung mit Tina!! Ich höre von deiner Mutter sowieso immer nur: Tina, Tina! Tina studiert, Tina heiratet, Tina macht das, Tina macht jenes. Endlich eine Doktorin in der Familie mit viel Geld. Aber gleichzeitig erzählt sie mir, dass du Tinas Studium unterstützt!

FREDDY:

Quatsch! Wovon denn?

HEIKE:

Du schickst dieser Tina also keine Lebensmittel?

FREDDY:

Ich? Der Tina Lebensmittel?

HEIKE:

Behauptet jedenfalls deine Mutter.

FREDDY:

Ach, jetzt weiß ich erst, was du meinst. Aber nur welche mit  abgelaufenem Verfallsdatum!

HEIKE:

(holt die Packung Präservative hervor)

Vor allem solche Dinger hast du wohl gebraucht, wenn du mit ihr zusammen warst! (Wirft ihm die Packung wutentbrannt vor die Füße)

FREDDY:

Ach komm, Heike! Erzähl keinen Quatsch und lass uns deswegen nicht streiten! Ich verspreche dir, sobald sich Gelegenheit ergibt, spreche ich mit Mutter! –

(Aus dem Off - leises Stöhnen von Friedel, die Tür wird geöffnet, Friedel betritt den Raum)

Bitte Heike, keinen Streit…

FRIEDEL:

Das hätte ich mir schenken können. Alte Gardinen... Und so dunkel...

(Freddy steckt schnell die Packung Präservative in seine Hosentasche)

HEIKE:

Wenn du mit ihr sprechen willst, ist ja jetzt beste Gelegenheit!

(schwirrt an Friedel wortlos vorbei und geht  hinaus)

FRIEDEL:

Was ist denn mit der los?

(humpelt schwerfällig zu ihrem Sessel)

FREDDY:

Ach nichts weiter, sie macht sich nur Sorgen um ihre Wohnung. Genau wie ihr.

FRIEDEL:

Das kann ich dir sagen! Mich hat fast der Schlag getroffen, wie ich den Brief las. Und diese ganze Aufregung ausgerechnet an einem Tag, auf den ich mich so gefreut habe.

(geht zur Anrichte, nimmt das Bild von Walter in die Hand) Ach Walter...!! (stellt das Bild zurück, zeigt auf Tinas Foto) Du, Freddy, mich wundert, dass die Tina lange nicht angerufen hat. Sonst hat sie sich doch regelmäßig gemeldet bei mir!

FREDDY:

Sie wird viel zu tun haben, das Studium…

FRIEDEL:

Ach ja, Freddy, man gut, dass ihr beide mal heiraten werdet! Als Tierärztin wird Tina mal gutes Geld verdienen, und wenn du dann erst Filialleiter von deinem Supermarkt bist – ach ja, da habt ihr ja für euere alte Mutter sicher ein Zimmerchen übrig, falls ich hier wirklich aus meiner Wohnung rausgeworfen werde.

FREDDY:

Das fehlte noch! Im übrigen, die Sache mit Tina, Mutter, weil wir grade dabei sind: ehe du da weitere Pläne machst... Ich muss dir da was sagen!

FRIEDEL:

Glaubste, mir schlägt das Herz bis zum Halse... Jeden Tag könnte ich solche Aufregungen nicht ertragen. Da könntest du mich gleich neben deinem Vater begraben. - Was ist denn, Junge? Guckst ja so besorgt.

(das Telefon klingelt)

FREDDY:

Ach, nicht so wichtig. Ein anderes Mal...

(Friedel erhebt sich unangestrengt aus ihrem Sessel und saust behände zum Telefonapparat)

FREDDY:

Soll ich drangehen, Mutter?

FRIEDEL:

Mach ich schon selbst! – Ja hallo!! – Wer sind Sie? –  Wie? Klaus Schnitz? – Nitz? – Ach,  Klausnitz! – Herr Klausnitz. – So. Und was wünschen Sie? - Ach es geht um meine Wohnung!! – Wann wollen Sie vorbeikommen? – Aha, ja – Morgen Nachmittag? – Ja, das würde passen. – Haben Sie denn noch mehr Termine hier im Haus? – Aha, so, mhm, mit mir fangen Sie an!  - Naja, na gut, denn bis morgen! Auf Wiederhören, Herr Klausnitz.

(legt auf, guckt Freddy ernsthaft an)

FRIEDEL:

Nun isses soweit, Freddy: der Henker hat sich angemeldet, und natürlich: bei mir macht er den Anfang....

Vorhang, Ende 1.Akt

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